Urlaubsträume sind geplatzt, Sportveranstaltungen abgesagt und Theaterbesuche verboten. Die Covid-19-Pandemi durchkreuzt die Jahresplanung vieler Familien aber auch der Veranstalter. Das ist zum einen sehr ärgerlich, aber es geht zum anderen auch um sehr viel Geld. Welche Rechte haben Kunden, deren Reise oder Flug storniert wurde? Welche Auswirkungen hat die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Gutschein-Regelung? Die wichtigsten Fragen und Antworten habe ich mit TABEA RÖSSNER, Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz der Bundestagsfraktion besprochen:
Die Pauschalreise wurde wegen der Corona-Pandemie abgesagt, war aber längst bezahlt. Was ist mit dem Geld?Es gilt die aktuelle Rechtslage: Die EU-Pauschalreiserichtlinie ist im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den § 651a ff. BGB umgesetzt. Gem. § 651 h BGB hat der Reisende ein Rücktrittsrecht. Nach § 651 h Abs. 5 BGB ist der
Reiseveranstalter verpflichtet, innerhalb von 14 Tagen den Reisepreis zu erstatten (Umsetzung des Art. 12 IV der EU-RL).
Was gilt bei annullierten Flügen? Welche Rechte haben Individualreisende?
Art. 8 der EU Fluggastrechte-VO hat der Fluggast ein Wahlrecht
– Erstattung
– Frühestmögliche anderweitige Beförderung oder zu einem späteren Zeitpunkt
Der Fluggast kann binnen 7 Tagen vollständige Erstattung der Flugscheinkosten beanspruchen. Für Individualreisende ist im Einzelfall zu klären, nach welchem Recht der Vertrag geschlossen wurde. Nach deutschem Recht besteht ein Erstattungsanspruch, wenn das Ziel aufgrund von Reisebeschränkungen nicht mehr erreichbar ist oder der Aufenthalt dort nicht mehr möglich ist.
Welche Risiken gehen Reisende ein, wenn sie einen Gutschein akzeptieren?
Wir befürchten, dass die Gutscheine nur unzureichend (Pauschalreisen) oder gar nicht (Flüge) gegen eine etwaige Insolvenz der Unternehmen abgesichert sind. Zudem tragen die Kunden das Risiko von Preissteigerungen, eine Reise ist dann vielleicht im nächsten Jahr schon ein Drittel teurer.
Wie sollten Reisekunden ihre Ansprüche geltend machen?
Die Kunden sollten auf die geltende Gesetzeslage verweisen und ihre Erstattungsansprüche schriftlich per Einwurfeinschreiben unter Fristsetzung geltend machen.
Wie sieht es bei der Bahn und bei Fernbussen aus?
Die Deutsche Bahn versucht die Kunden auch von Gutscheinen oder freiwilliger Verschiebung zu überzeugen. Aber auch die Deutsche Bahn und Fernbusunternehmen sind grundsätzlich verpflichtet, je nach Art des Tickets, entsprechende Erstattungsansprüche zu erfüllen.
Wie lange ist der Gutschein gültig?
Für Kultur-, Sport- und sonstige Freizeitveranstaltungen soll nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung der Gutschein bis zum 31.12.2021 gültig sein. Falls der Gutschein nicht eingelöst wurde, soll eine Auszahlung des Gutscheinwertes erfolgen.
Bin ich im Falle einer Preissteigerung geschützt?
Im Veranstaltungsbereich nimmt es die Bundesregierung bewusst in Kauf, dass die Ticketinhaber und Nutzungsberechtigte von Freizeiteinrichtungen wie bspw. Sportstudios die Risiken von Preissteigerungen tragen müssen. Im Zweifel reicht der Gutschein dann für die ursprünglich geplante Veranstaltung nicht aus. Gleiches gilt für die Annahme von Reise- und Fluggutscheinen.
Was passiert mit dem Gutschein im Falle einer Insolvenz?
Auch hier befürchten wir, dass der Ticketinhaber am Ende mit einem wertlosen Gutschein da steht, da die Bundesregierung bisher keine Regelungen zur Absicherung der Gutscheine vorgesehen hat.
Wie kann ich mich grundsätzlich gegen Gutschein wehren? (Empfehlung?)
Schriftlich Wiederspruch einreichen? Siehe oben, den Erstattungsanspruch geltend machen im Fall von Reisen und Flügen. Für Veranstaltungen im Kultur- und Freizeitbereich gilt das Gleiche, der von der BReg beschlossene GE muss noch im Bundestag verabschiedet werden, bis dahin gilt die aktuelle Gesetzeslage.
Härtefallregelung vorgesehen – Was genau beinhaltet diese?
Nach dem GE der BReg ist statt einem Gutschein der Erstattungsanspruch auszuzahlen, wenn der Ticketinhaber bzw. der Nutzungsberechtigte nachweist, dass für ihn die Annahme eines Gutscheines unzumutbar Wir halten den Begriff für zu unbestimmt und fordern daher klare Regelbeispiele, die automatische zu einer Anerkennung der Unzumutbarkeit führt. Bspw. Betroffene von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit.
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- Wo muss ich Antrag stellen? Die Unzumutbarkeit muss ggü. dem Veranstalter bzw. der Freizeiteinrichtung ggü. geltend gemacht werden und die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangt werden.
- Wie erbringe ich Nachweis? Mit entsprechender schriftlicher Dokumentation bspw. kommt eine Bestätigung des Arbeitgebers, Arbeitsamtes etc. in Betracht.
Pauschal-Reiseveranstaltung
Was ist mit meiner Restzahlung – muss ich trotzdem noch zahlen obwohl ich weiß, dass Reise nicht mehr stattfindet? Wenn die Reise abgesagt ist, ist die Leistung unmöglich geworden und daher die Gegenleistung, also in diesem Fall die Restzahlung, nicht mehr zu erbringen. Sollte die Reise allerdings weder vom Reiseunternehmen abgesagt noch der Kunde vom Vertrag wirksam zurückgetreten sein, dann bleibt die Verpflichtung zur Zahlung bestehen.
Reise findet satt, muss mich Veranstalter vor COVID-19-Ansteckung schützen?
(Masken im Flugzeug oder Handschuhe am Hotel-Büfett etc.). Der Reiseveranstalter muss sich selbstverständlich an die bestehenden Hygiene- und Sicherheitsvorschriften, die vor Ort gelten, halten. In der Praxis wird es aufgrund des Engpasses von Schutzkleidung, Desinfektionsmittel etc. teilweise an den Vorkehrungen mangeln.
Kultur-, Sport- oder Freizeitevents
Sind Gutscheine übertragbar? Wenn nein, was ist bei Krankheit oder im Verhinderungsfall (Tot)?
Der Eigentümer eines Theatertickets kann sein Eigentum bspw. durch Schenkung auf eine andere Person wirksam übertragen oder im Todesfall vererben. Anders sieht es aus, wenn das Ticket oder die Nutzungsberechtigung nach den Vertragsbestimmungen nur für eine bestimmte Person gilt.
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